Endlich Urlaub! Morgen sollte es nun also losgehen. Wir würden zusammen mit Rodrigo, Francisca, Marko und Jossefa nach Talca reisen, um dort unseren Urlaub zu verbringen. Talca liegt im Zenrum Chiles, nur drei Stunden südlich von der Hauptstadt Santiago entfernt. Gustavo kommt ursprünglich aus Talca und Vanessa hat dort studiert. Die beiden haben sich während ihres Studiums kennengelernt und nach der Hochzeit ist Gustavo dann mit Vanessa nach Natales gezogen.
Die beiden haben mir schon seit meiner Ankunft sehr viel über Talca erzählt, zum Beispiel dass Obst und Gemüse, besonders Zitronen, Wassermelonen und Tomaten, sehr viel günstiger sind als in Patagonien und auch im Vergleich zu Deutschland, wie ich festgestellt habe.
In Patagonien gibt es nicht viel Auswahl an Obst und Gemüse. Dort unten wächst natürlich nichts und die Transportwege sind sehr lang. Auch ist es wahnsinnig teuer und dann noch nicht mal hochwertig, sondern mit braunen Stellen und die Äpfel und Tomaten haben kaum Geschmack. Trotzdem hat mir Angelica erzählt, dass sich die Lage mit Frischobst und -gemüse schon deutlich verbessert hat. Früher als sie jung war, gab es wohl nur Kartoffeln, rote Beete und Blattsalat.
In Talca, so haben mir Gustavo und Vanessa versprochen, würde es Märke, so genannte ferias, geben, auf denen es Berge von Äpfeln, Paprika, Orangen, (Wasser)Melonen, und Kisten voll Zitronen und Tomaten geben würde. Generell wird in der Zentralzone Chiles sehr viel Frisches gegessen, einmal weil es so günstig ist und zum Zweiten, weil es im Sommer auch sehr warm dort wird.
Auch würden wir an den Strand fahren und ins Schwimmbad gehen, würden Kunsthandwerksmärkte besuchen und und und....
Ich freute mich also schon wirklich sehr auf den Urlaub, erleichtert, auch mal aus der Kälte und dem Wind Patagonien raus kommen zu können.
Doch eine Herausforderung stand uns noch bevor: Wir würden drei Tage lang mit dem Auto nach Talca fahren! Knapp 3 000km würden wir zurücklegen müssen. So lange bin ich natürlich noch nie eine Strecke mit dem Auto gefahren und ich denke, dass in Deutschland auch kaum jemand so lange mit dem Auto in den Urlaub fahren würde! Ich freute mich darauf, es klang irgendwie abenteuerlich, doch auf der anderen Seite war mir schon ein bisschen komisch bei dem Gedanken.
Heute am frühen Morgen sind wir nach einem kurzen Frühstück dann losgefahren. Das Erste, was uns auf der Straße begegnete als wir Puerto Natales hinter uns gelassen hatten, war eine Kuhherde!
Wir haben uns dann direkt auf dem Weg nach Rio Turbio, Argentinien gemacht. Wir würden zwei Tage lang durch Argentinien fahren, denn eine direkte Straße nach Talca durch Chile hindurch gibt es nicht.
Die Fahrt war relativ langweilig, denn die Landschaft in Patagonien ist sehr eintönig.
mit Josefa |
Unterwegs haben wir dann in einer Raststätte gegessen und gegen Abend kamen wir in "Caleta Olivia" an. Die Stadt liegt an der Ostküste Argentiniens und damit am Atlantik!! Für mich war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich den Atlantik gesehen habe.
Das Wahrzeichen von Caleta Olivia ist wahrscheinlich diese riesengroße Statue. Sie zeigt einen Minenarbeiter |
Am nächsten Morgen sind wir dann schon früh direkt nach dem Frühstück weitergefahren. Die Sonne hat geschienen und es war erstaunlich warm. Ich hatte für mein Auslandsjahr keine kurzen Hosen oder Shorts einpacken können sondern nur lange Jeanshosen und ich war sehr froh, dass Vanessa mir eine kurze Hose von sich geliehen hat.
Die Landschaft war leider immer noch so eintönig... |
Einsam und verlassen - die Landschaft Patagoniens |
Unterwegs haben wir regelmäßig in kleinen Städtchen angehalten um Benzin zu tanken und etwas zu essen. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass es dann doch so viele kleine Dörfer in Patagonien gibt. Man fährt und fährt durch diese trockene und einsame Landschaft und auf einmal taucht eine kleine Stadt auf. Dahinter folgt dann wieder sehr lange nichts, bis plötzlich wieder ein Dorf auftaucht.
Gegen Nachmittag veränderte sich die Landschaft dann endlich. Es wurde stetig grüner und es kamen mehr Bäume zum Vorschein. Die Landschaft war sehr bergig und irgendwann von Nadelwäldern besiedelt.
Schließlich kamen wir in "El Bolson" an. Das ist ein kleine, schnuckelige, schöne Stadt, die in ein Tal gebaut wurde. Drumherum gibt es fast nur mit Nadelbäumen bewachsene Berge.
unser Hotel - obwohl wir schon zwei Tage mit dem Auto unterwegs waren, befanden wir uns immer noch in Patagonien! Da wurde mir erst bewusst, WIE groß Patagonien eigentlich ist. |
Müde und überwältigt von der Hitze ruhten wir uns in der Hotellobby aus |
Wir sind dann los in den Ort, um etwas Essen zu gehen:
unser Hotel |
Eine Palme! Oder besser gesagt: ganz viele! Die standen da überall rum und ich fand's fantastisch |
Ein Milka-Kiosk - in dem es aber auch viele andere leckere Süßigkeiten gab ;-) mitten in der Pampa! |
Manteca (in Argentinien), Mantequilla (in Chile) und Butter in Deutschland :-) |
Ich habe es sehr genossen, dass wir am Abend noch durch den Ort spaziert sind, die Luft war nun etwas kühler und frischer. Mir sind auch sofort sehr viele Unterschiede zu Chile aufgefallen (gut, ich kannte bisher nur Punta Arenas, Puerto Natales und war einmal in Valdivia und Puerto Montt gewesen): Es sind viel mehr Menschen auf der Straße. Alle sitzen zusammen und reden und meistens halten sie auch einen Becher Mate in der Hand. Die Häuser sind auch ganz anders. In Natales sind die meisten Häuser sehr einfach gebaut, anders kann ich es nicht beschreiben. Die wenigsten sind verputzt, die meisten haben einfach Metallplatten als Hauswand. In "El Bolson" waren sehr viele Häuser mit Holz oder auch normalen Backsteinen gebaut und auch der Baustil erinnerte mich sehr an deutsche Häuser .
Auch sind wir durch die Straßen gegangen und ich wusste gar nicht, wo ich zuerst hingucken sollte. Es gab einfach soooo unendlich viele Sachen. Viele schöne Geschäfte und kleine Lädchen, Grünflächen und kleine Parks, viele Bäume. Und dazu gab es auch noch strahlend blauen Himmel und Sonne.
unser Restaurant |
Marko und Jossefa |
Am nächsten Morgen haben wir uns dann früh gegen 8.00h wieder auf den Weg gemacht. Heute würden wir die längste Strecke am Stück fahren und in der Nacht dann endlich in Talca ankommen.
ein Straßenschild auf dem Weg |
an einem wunderschönen See |
Gegen Mittag kamen wir dann am Grenzübergang an. Auf chilenischer Seite waren wir jetzt ungefähr auf der Höhe von Osorno. Er war sehr viel größer als der Grenzübergang, den ich aus Puerto Natales bzw. Rio Turbio kannte. Ich empfinde es immer noch als seltsam und befremdlich, wenn man seine Papiere und Ausweise vorzeigen muss, nur um aus Argentinien ausreisen und nach Chile einreisen zu dürfen. Außerdem wurde auch unser gesamtes Gepäck kontrolliert, auf chilenischer Seite (nicht auf argentinischer!) wurde jede Tasche geöffnet! Ich bin doch sehr froh, dass man in Europa unkompliziert einfach von Land zu Land reisen kann.
Kurz nach der Grenze bekam der Boden auf einmal diesen weißen Belag. Ich dachte erst, es sei Sand.
Doch dann erklärte mir Gustavo, dass es Asche sei! Vom letzten Vulkanausbruch vor einigen Jahren.
Das hat mich natürlich sehr überrascht. Auch erzählte er, dass viel Wald einfach weggebrannt ist und die chilenische Grenzstation auch vom Feuer erfasst wurde.
Wieder ein paar Kilometer weiter sah die Landschaft dann so aus:
Die Landschaft war nun wirklich abwechslungsreicher und es gab viel zu sehen. Josefa hat manchmal rumgequengelt, sie wollte nun endlich ankommen, doch natürlich hatten wir immer noch viele Kilometer vor uns. Sie hat abwechselnd Filme auf ihrem Mini-Autofernseher geguckt, mit ihren Puppen gespielt oder geschlafen. Sogar ihr Töpfchen stand bei uns im Auto auf dem Boden, weil wir ja nicht immer anhalten konnten, wenn sie mal musste ;-)
Vanessa und Gustavo haben sich gegenseitig mit dem Fahren abgewechselt und zwischendurch haben wir an Raststätten angehalten, um etwas zu trinken zu kaufen, weil es unglaublich warm war. So verging die Autofahrt und auf einmal zeigte das Navigationssystem im Auto eine verbleibende Kilometerzahl von nur noch zwei Ziffern an! Was für ein Gefühl! Jetzt fehlten nur noch 99 km bis Talca! Und das, wo wir doch die letzten beiden Tage praktisch nur im Auto verbracht haben und schon hunderte, nein tausende (!) von Kilometern hinter uns gebracht haben. Wir haben gejubelt und zur "Belohnung" gab es ein Eis von der Raststätte.
Ich kann das Kribbeln im Bauch gar nicht beschreiben, als es nur noch schlappe 9km waren. Ich wollte nun endlich ankommen, nach der langen Autofahrt, wollte nun endlich Talca sehen, dort, wo Gustavo geboren und aufgewachsen ist, Vanessa studiert hat und die beiden sich kennengelernt haben. Natürlich wollte ich auch wissen, wie Francisca und Rodrigo leben und ganz viele neue Orte kennen lernen.
Schließlich sahen wir die ersten Lichter der Stadt und das war wirklich wunderschön.
Talca bei Nacht - und mein erster Blick auf die Stadt |
Wohnen würden wir die ganzen Ferien bei Francisca und Rodrigo zu Hause und dort sind wir direkt auch hingefahren. Der erste Unterschied, der mir zu Puerto Natales auffiel, war, dass vor jedem Haus ein knapp 2,5m hoher Gitterzaun steht! Das irritierte mich, denn es sah ein bisschen wie ein Gefängnis aus. Doch die Häuser dahinter sahen sehr ordentlich und auch nicht so "einfach" wie in Natales aus. Die meisten waren Doppelhaushälften, wie man sie auch aus den Neubaugebieten in Deutschland kennt. Allerdings viel(!) kleiner!! Ein "normales" Einfamilienhaus in Deutschland entspricht hier ungefähr einem Doppelhaus.
Wir kamen dann "zu Hause" bei Francisca und Rodrigo an und wurden ganz herzlich von der Familie von Marko und Francisca begrüßt. Das Haus ist sehr gemütlich und modern eingerichtet. Gleich wenn man reinkommt, steht ein riesengroßer Flachbildfernseher, eine niegelnagelneue Musikanlage und eine xbox. Natürlich ist es nicht besonders groß - daran habe ich mich jetzt gewöhnt. Franciscas Mutter hatte dann sogar noch gekocht, Hühnchen mit Reis und Salat, aber ich war einfach nur noch erschöpft und müde von der Reise. Aber glücklich, ENDLICH angekommen zu sein.
Ich würde in der ganzen Zeit ein eigenes Zimmer haben und hab mich dann auch sofort schlafen gelegt. Es war unglaublich heiß und ich hab geschwitzt wie verrückt. Diese Wärme war ich einfach überhaupt nicht mehr gewöhnt.
Am nächsten Tag würden wir erst mal einkaufen gehen - damit ich mir Shorts, Tshirts und vor allem einen kurzen Pyjama kaufen konnte.;-)