07. - 15. Mai 2014
Nur unterwegs erfährt man das Gefühl märchenhafter Verwunschenheit (Erich Kästner, 1899 - 1974)
In dieser Zeit habe ich einen Kurzzeitaustausch auf die Insel Chiloe gemacht. Bei einem Kurzzeitaustausch hat man die Möglichkeit, für einige Tage eine andere Stadt in Chile kennen zu lernen und wohnt währenddessen wieder in einer Gastfamilie. Diese Zeit kann man nutzen, um sich neue Orte und evtl. ganz andere Lebensweisen in Chile anzusehen und mitzuerleben.
Zusammen mit den 3 weiteren Austauschschülern aus Natales, Dion (DK), Christina (USA) und Aim (Thailand) habe ich meinen Kurzzeitaustausch auf der Insel Chiloe verbracht. Dazu sind wir erst mal wieder nach Punta Arenas gefahren, haben dort im Hostel übernachtet und sind am nächsten Morgen nach Puerto Montt geflogen. Von dort sind wir dann mit dem Bus und der Fähre weiter nach Chiloe gereist. Uns wurde erzählt, dass manchmal kleine Flussdelfine an der Seite der Fähre hochspringen würden, aber leider waren keine da, als wir mit der Fähre gefahren sind.
Die Überfahrt mit der Fähre... |
...bei der wir leider keine Delfine gesehen haben. |
Chiloe
- ist nach Feuerland zweitgrößte Insel Chiles
- ist 180 km lang und ca. 50 km breit und 9.320 m² groß.
- hat ca. 150.000 Einwohner. Die größte Stadt ist Castro mit 30.000 Einwohnern und damit um ein Drittel größer als Natales.
- gilt neben Peru als eine der Urheimaten der Kartoffel. Das wird sehr stark in der chilotischen Küche sichtbar, die hauptsächlich aus Kartoffeln besteht.
neben der Kartoffel auch sehr beliebt: Muscheln! |
- ist auch bekannt für die vielen kleinen Kirchen, die es auf der ganzen Insel verstreut gibt. Die Ureinwohner Chiloes, die Huilliches, glaubten sehr an Mythen und Magie. Gegen 1600 wurde Chile aufgrund der spanischen Eroberer katholisch. Der Priester Chiloes wollte also die Kultur der Huilliches, die aus vielen Mythen bestand, aus Chiloe verbannen und lies deshalb immer nach 50 km eine Kapelle erbauen.
Gut auf Chiloe angekommen! |
Margot holte uns natürlich von der Fähre ab! |
Mit mir hat Dion ebenfalls auf dem Hof gewohnt, allerdings im Nebenhaus bei Margots Bruder. Die Mädels, Aim und Christina, waren in Castro untergebracht, 20 Minuten mit dem Auto von Chocnhi entfernt. Einen Tag später kam dann auch noch Sendija hinzu, sie verbringt das Jahr in Valdivia und kommt aus Lettland. Beim AFS-Camp 10 Tage zuvor hat sie erfahren, dass wir auf Chiloe unseren Kurzzeitaustausch verbringen und hat sich kuzfristig uns angeschlossen. Ich habe mich total gefreut, dass das geklappt hat. Sie hat auch bei Margot gewohnt und wir haben fast alles zusammen gemacht.
Margots Haus ist groß und sehr gemütlich. Man kommt hinein und fühlt sich direkt zu Hause. Alles ist groß und offen und mit viel Holz verkleidet. Es gibt unzählig viele Betten dort, denn sie nimmt sehr gerne Austauschschüler auf. Ihre beiden Söhne sind bereits erwachsen, der ältere war ein Jahr in Tschechien und der andere ist zur Zeit in Lettland.
Margot wohnt neben ihren beiden Brüdern und zusammen haben sie eine eigene Fabrik, die Fisch- und Muschelfang verarbeitet. Jede Familie hat ihr eigenes großes Haus und auf dem Hof gibt es einen Tennisplatz und sogar ein eigenes Schwimmbad. Das Leben zwischen den Familien ist sehr frei und offen. Sie besuchen sich jeden Tag und wenn z. B. einem mal das Essen zu Hause nicht schmeckt, geht man einfach nach Nebenan, um dort zu Essen. Dazu muss man allerdings erwähnen, dass Margot eine Nana hat, die ihr täglich im Haushalt hilft. Das vereinfacht natürlich vieles;)
Mit Margot kann man viel Spaß haben:D |
mit Sendija, Aim und Christina in Chonchi |
Blick auf Chonchi |
"Bitte den Strand sauber halten!" |
mit Sendija und Christina in Chonchi |
Freitagabend waren wir, gemeinsam mit den 8 Austauschschülern, die z. Z. ihr Jahr auf Chiloe verbringen, alle zusammen in der Disko. Das war ziemlich cool, die Parties und auch die Diskos in Chile fangen alle später an, deshalb sind wir auch erst gegen halb 12 hingegangen. Wir haben dann fast die ganze Nacht durchgetanzt und ich war erst um 4h morgens im Bett. Mir hat es super gut gefallen, weil die Chilenen ganz andere Musik hören als wir in Deutschland und vor allem ganz anders tanzen! Margot hat uns übrigens ganz selbstverständlich hingefahren und uns dort auch wieder abegeholt. Sie sagt, Austauschschüler müssen die Zeit nutzen und ihr Leben genießen. Und Feiern gehört auf jeden Fall unbedingt dazu! Margot ist eine außergewöhnlich offene und freidenkende Frau, die es liebt, junge Menschen zu begleiten und zu unterstützen. Ich mag sie sehr!! Eigentlich ist es auch üblich, während eines Kurzzeitaustausches die dortige Schule zu besuchen. Aber Margot meinte, dass wir uns lieber zusammen treffen und die Zeit genießen sollten. Die Schule haben wir nicht besucht!
Stattdessen haben wir die Zeit viel eher genutzt um... |
...Chiloe kennen zu lernen wie zum Beispiel.... |
...das kleine Fischerdörfchen Dalcahue... |
Übrigens: New fühlt sich zurück in seiner Heimat Thailand überhaupt nicht mehr wohl. Die Lebensgewohnheiten zwischen Thailand und Chile sind wohl extremst unterschiedlich, so dass die Thais den mit Abstand größten Kulturschock erleben. Das ist sicherlich oft ein großes Problem. New hat das freie Leben auf Chiloe und speziell bei Margot so sehr lieben gelernt, dass er heute schon weiß, dass er zurückkehren wird, nachdem er die Schule beendet hat. Anschließend will er Tourismus studieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass er seine Pläne realisieren wird.
Am Samstagabend waren wir noch mal in der Disko, allerdings in unserem kleinen Dorf Chonchi und leider kamen nicht so viele Leute dorthin. Trotzdem war es schön und ich habe es genossen, abends mit jungen Leuten auszugehen. In Natales darf ich nicht in die Disko gehen. Meine Gasteltern haben Sorge um meinen - und ihren - Ruf. Da sie beide Lehrer und somit Vorbilder sind, ist das sicherlich berechtigt. Es wird dort nicht nur Alkohol getrunken, sondern man bekommt auch ohne Probleme Marihuana. Ich habe ihnen zwar versichert, dass ich weder das eine noch das andere anrühre, aber sie achten sehr auf das Gerede der Leute. Um so mehr habe ich daher meine Freiheiten hier genossen.
Am Sonntag sind wir dann zum Mittagessen zu Margot's Mutter gefahren, es war ja schließlich Muttertag und das feiert man auch in Chile! Dort haben wir auch mit Margot's Sohn Nacho geskypt, der z. Z. in Lettland ist. Am Nachmitag sind wir dann in den Nationalpark von Chiloe gefahren. Dort gab es einen riesengroßen, kilometerlangen Sandstrand. Natürlich konnten wir nicht schwimmen gehen - es war einfach zu kalt - aber wir hatten trotzdem Spaß, haben uns nassgespritzt und über den Strand gejagt. Wir hatten übrigens absolutes Glück mit dem Wetter: Chiloe hat nur 2 wirklich schöne Sommermonate, den Dezember und den Januar. Ansonsten regnet es auf der Insel sehr sehr häufig und es ist im allgemeinen sehr feucht. Als wir dort waren, hatten wir Sonne, blauen Himmel und keinen Regen. Das war wirklich superschön und ein großes Glück.
Die restlichen Tage haben wir noch ein paar von den vielen kleinen Örtchen besucht, die es auf Chiloe gibt z.B. Queilon und Dalcahue. Oder wir haben uns nachmittags mit den anderen Austauschschülern zum Eisessen oder bummeln durch Castro getroffen.
Christina, Lucas, Aim, ich und Dion vor der gelb-weiß-lilafarbenen Kirche in Castro |
Blick auf Castro - mit Sendija |
Blick auf Castro |
Im kleinen Örtchen Queilon |
Abends sind wir meistens ins Schwimmbad gegangen und haben zusammen bis spät in die Nacht Filme geguckt.
Auch den Eurovision Songcontest haben wir uns zusammen angeschaut. Allein auf diesem Foto sind Dänemark, Finnland, Lettland und Deutschland vertreten;) |
Viel zu schnell ging die Woche um. Die Rückreise nach Natales war wieder endlos lang, fast 13 h sind wir gereist. Zuerst mit dem Bus, dann auf die Fähre, mit dem Flugzeug und zum Schluss wieder im Bus. Doch es hat sich gelohnt!
Die Woche war sehr schön, ich fand es toll, so viel mit den anderen AFSern zu unternehmen und ich bin dankbar, Margot, ihren Mann und ihre Familie kennengelernt zu haben. Ich habe in dieser einen Woche ein ganz anderes - so freies, so einfaches, bodenständiges und doch auch sehr privilegiertes Leben miterlebt.